Der Rat geht online

Künftig sollen die Mitglieder des Rates während der Sitzung alles, was sie wissen wollen, per Mausklick auf den Bildschirm zaubern. Die Frage ist: Wie genau? Und wer bezahlt’s? Die Grünen machen das zum Thema.

03.03.14 –

Künftig sollen die Mitglieder des Rates während der Sitzung alles, was sie wissen wollen, per Mausklick auf den Bildschirm zaubern. Die Frage ist: Wie genau? Und wer bezahlt’s? Die Grünen machen das zum Thema.

Papier war gestern. Künftig sollen die Mitglieder des Rates während der Sitzung nicht mehr in ihren Unterlagen rascheln, sondern alles, was sie wissen wollen, per Mausklick auf den Bildschirm zaubern. Auf den ihres Tablet-PC. In der nächsten Legislaturperiode sollten Ausschuss- und Ratsvorlagen nicht mehr in Papierform im Briefkasten landen, sondern der Sitzungsdienst, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt, papierlos werden.

Mindestens eine Kostenbeteiligung

Die Grünen haben sich dazu bereits Gedanken gemacht und möchten das Thema im nächsten Haupt- und Finanzausschuss diskutieren. Die Arbeit mit dem Tablet-PC, ein kleiner flacher, tragbarer Computer, der per Touchscreen bedient wird, habe natürlich Vorteile, sagt Fraktionssprecher Jürgen Bartsch. Alle Unterlagen seien immer zur Hand, auch ältere. Aber das System müsse komfortabel und benutzerfreundlich sein. „Wenn es keine Akzeptanz hat, kann man es gleich vergessen.“

Die Diskussion um den Rat ohne Papier laufe in vielen Kommunen im Kreis, manche hätten die Idee bereits umgesetzt. Jede Kommune habe ihr eigenes Ratsinformationssystem, darauf baue die Nutzung auf. Nun sei das Rheinberger System nicht gerade das attraktviste, „wir wollen einen Vergleich, und nicht einfach auf unseres etwas draufsetzen“. Besonders sinnvoll wäre eine kreisweite Lösung, auch wegen der berühmten Synergieeffekte zum Beispiel bei Anschaffungskosten. Kosten sind ein gutes Stichwort. Die Grünen können sich nicht dafür erwärmen, dass die Kommune die Tablets den Ratsmitgliedern kostenlos zur Verfügung stellt. Mindestens eine Beteiligung sei angemessen, so Bartsch. Ohne Computer funktioniere die Ratsarbeit heute doch ohnehin nicht mehr, den heimischen PC bezahle schließlich auch jeder selber. Die Tablets wiederum würden sicherlich auch privat genutzt, für Mails, für Spiele, fürs Internet usw.

16 000 Euro pro Jahr sparen

16 000 Euro machen die Druck- und Versandkosten für die Unterlagen im Jahr aus, sagt Beigeordnete Rosemarie Kaltenbach. Die könnten durch den papierlosen Sitzungsdienst eingespart werden, ist im Haushaltssicherungskonzept festgehalten. Wie aber auch andere Kommunen in einer ähnlich prekären finanziellen Situation wolle Rheinberg die Tablets den Ratsmitgliedern kostenlos zur Verfügung stellen. Ratsmitglieder würden für ihr Engagement, das viel Zeit koste, nicht gerade fürstlich entlohnt. Damit in den Sitzungen mit den Geräten gearbeitet werden kann, würde ein W-Lan-Netz im Stadthaus installiert. Die Zugänge werden personalisiert, das Netz nicht für alle freigegeben, die Stadt könne nicht als Provider fungieren. An diesem einen Punkt könne jeder sehen, dass es sich um ein sehr komplexes Thema handele und viele rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten seien.



Klartext

von Carmen Friemond

Umsonst war gestern

Vielleicht können sich die Rheinberger Parteien bald vor Nachwuchs nicht mehr retten, schließlich gibt's zum Ratsmandat kostenlos einen Tablet-PC dazu Hurra!

Aber jetzt ernsthaft: Natürlich werden Kommunalpolitiker für ihre oft sehr zeitintensive Arbeit nicht angemessen honoriert, sondern mit einem Hungerlohn abgespeist, das räumt selbst der sonst so kritische Bund der Steuerzahler ein. Aber deshalb ist es noch lange kein unanständiges Angebot, von jedem Ratsmitglied einen Zuschuss zur Anschaffung zu verlangen. Denn die Tablets werden garantiert auch privat genutzt werden, das liegt doch auf der Hand. Und dafür muss ein Beitrag kassiert werden. In Zeiten, in denen der Bürger über höhere Steuern und Gebühren zur Kasse gebeten werden muss, weil die Stadt ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen musste, wäre es das ganz verkehrte Zeichen. Denn was kommt beim Bürger an: Guck mal, uns kürzen sie die Büchereizeiten, aber sie selber schaffen sich auf Stadtkosten Computer an.

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