Selbstbewusst in große Fußstapfen

Svenja Reinert aus Ossenberg ist neue Fraktionssprecherin der Grünenim Rheinberger Rat. Die 47-jährige Juristin löst Jürgen Bartsch ab, der die Fraktion rekordverdächtige 36 Jahre angeführt an

03.11.20 –

1984 zogen die Grünen in Rheinberg erstmals in den Rat der Stadt ein. Jürgen Bartsch wurde der erste Fraktionssprecher der einstigen Öko-Partei und blieb es sehr sehr lange. Rekordverdächtige 36 Jahre lang. Bis vor wenigen Tagen. Da wählten die Grünen einen neuen Frkaitnsvorstand und - das hatten sie schon vor der Kommunalwahl angekündigt - auch eine neue erste Stimme für die Fraktion. Svenja Reinert tritt in die sehr großen Fußstapfen, die ihr Jürgen Bartsch hinterlässt. Erstmals eine Frau an der Spitze der Grünen-Fraktion und mutmaßlich die erste Fraktionsvorsitzende überhaupt in der Rheinberger Politik.

So ganz lässt der große grüne Zampano seine Nachfolgerin allerdings nicht im Stich. Bartsch wurde zum stellvertretenden Sprecher gewählt. "Ich bin froh, dass ich noch auf seinen riesigen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann", sagt die 47-jährige Juristin und schildert, dass es eigentlich einen anderen Plan gab: "Ich wollte mir die Funktion der Fraktionssprecherin mit Dietmar Heyde teilen, aber der ist ja jetzt Bürgermeister geworden." Fast hätte sie "Leider" gesagt und muss lachen. Wer hätte auch schon gedacht, dass ein grüner Kandidat das Rennen macht?

Karrieresprung gemacht

Svenja Reinert ist gebürtige Rheinbergerin. Im Orsoyer Krankenhaus kam sie auf die Welt. Nach dem Abi am Amplonius-Gymnasium studierte sie Jura in Frankfurt und Bochum. Mit ihrem Mann - das Paar hat eine 18-jährige Tochter und einen 15-jährigen Sohn - lebte sie zunächst in Dinslaken. 2005 führte der Weg dann ins neue Eigenheim in Ossenberg. 15 Jahre wohnt sie nun dort - "aber alle sprechen immer noch vom Neubaugebiet", sagt die Politikerin und muss schmunzeln.

Beruflich hat Svenja Reinert erst vor wenigen Wochen einen Karrieresprung gemacht. Bei der Kreispolizeibehörde in Wesel ist sie Leiterin der Direktion ZA (für Zentrale Aufgaben) geworden. Liegenschaften, Personal, Haushalt - für alles, was nichts mit klassischer Polizeiarbeit zu tun habe, ist sie zuständig. Eine Abteilung mit rund 60 Kollegen und Kolleginnen. "Die Arbeit macht unglaublich viel Spaß, ich freue mich jeden Tag darauf", schwärmt sie. 

Den Weg in die Politik fand Reinert vor etwa 14 Jahren. Da wollte Solvay ein Ersatzbrennstoffheizkraftwerk an der Stelle bauen, wo jetzt das Altholzkraftwerk Woodpower entsteht. "Was damals geplant war, war nichts weiter als eine Müllverbrennungsanlage", so die Politikerin. Sie habe sich damals der Bürgerinitiative gegen das Vorhaben angeschlossen und ist froh, dass der Bau nicht zustande gekommen ist. "Man darf sich auch großen Unternehmen nicht einfach beugen und muss genau schauen, was sie so planen", lautet ihre Überzeugung.

Die Grünen waren damals im Widerstand gegen das Ersatzbrennstoffheizkraftwerk sehr aktiv. "Dadurch kam ich zur Partei", erzählt Reinert. Vor sechs Jahren schaffte sie den Sprung in den Rat, arbeitete insbesondere im Jugendhilfe-, im Sozial- und im Schulausschuss mit.

Nun rückt sie also in die erste Reihe, hat es mit einer deutlich größeren Fraktion zu tun. Von acht auf 13 Frauen und Männer ist sie angewachsen. Rechnet man die Sachkundigen Bürger noch dazu, kommt man auf deutlich über 20 Personen. Da sei eine gute Organisation der Fraktionsarbeit ganz wichtig, erzählt die Ossenbergerin. Arbeitsgruppen soll es vermehrt geben, damit die Themen bei den Sitzungen am Montagabend flott und effizient abgearbeitet werden können. Sie sei sehr froh, dass innerhalb der Fraktion ein positiver, freundschaftlicher Geist herrsche: "Das macht vieles leichter."

Angebote für Ältere schaffen

Die politische Agenda für die kommende Legislaturperiode ist weitgehend abgesteckt. Mobilität steht ganz weit vorne. "Und da spielt auch der Gedanke rein, dass wir nicht noch mehr Logistikzentren haben wollen, weil das immer noch mehr Lkw-Verkehr bedeutet", so Reinert. Der Ausbau des Radwegenetzes soll angepackt werden, aber auch die Schaffung von Kita-Plätzen. Nicht zu vergessen das Angebot für ältere Menschen. Der Seniorenbeirat leiste da schon eine Menge.

Um das Verhältnis zum grünen Bürgermeister macht sie sich keine Sorgen. "Er ist jetzt der Bürgermeister für alle, nicht nur für uns", betont die neue Fraktionschefin. "Er ist ja keine Marionette. Die Rheinberger haben ihn gewählt, weil er selbstbewusst ist und weil er das kann", sagt sie.

Für sie selbst sei es wichtig, dass bei aller Ernsthaftigkeit, die in der Kommunalpolitik stecke, der Spaß nicht verloren geht. Und schön fände sie, wenn Job und Politik noch Zeit ließen für andere Dinge im Leben. Fürs Lesen von Krimis, fürs Musikhören (sie mag Pop und Rock von Police über Kate Bush bis Sia) und ganz besonders für die Familie. Die steht für Svenja Reinert nämlich über allem.

 

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