Der Kiesabbau und die Folgen - Teil 2

Die Kiesindustrie bemüht sich, das große Problem des Kiesabbaus am Niederrhein klein zu reden. Ein genauerer Blick auf die Situation und die Historie lohnt.

18.05.21 –

Mit den von der Initiative „Zukunft Niederrhein“ (ein Lobbyverband der Sand- und Kiesindustrie) in einem RP Artikel vom 13. Mai genannten Zahlen bestätigt die Initiative selbst, dass die jährliche Sand- und Kiesproduktion in NRW rund 12 Mio. Tonnen über dem NRW Verbrauch liegt (62 Mio. Tonnen Produktion im Vergleich zu 50 Mio. Tonnen Bedarf). Das sind rund 20% der jährlichen Sand- und Kiesproduktion. Und da die Produktion seit über 10 Jahren fast stabil ist, während der Bedarf in NRW laut Angaben der Initiative stark gestiegen ist, lässt sich schlussfolgern, dass die „Überproduktion“ an Sand und Kies in NRW in den vergangenen Jahren noch erheblich größer war. Eine Erhöhung der Fördermenge (durch die von der Sand- und Kiesindustrie geforderte Erhöhung der Bevorratungszeiten von 20 auf 25 Jahre) würde also primär den Exportanteil stabilisieren bzw. vergrößern. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass eine Landesplanung noch mehr Abgrabungsflächen am Niederrhein ausweisen soll, um den Exportkiesanteil von Industrieunternehmen abzusichern.

Der Faktencheck der Initiative zum „angeblichen“ Flächenfraß durch Sand- und Kiesabbau basiert auf Angaben des statistischen Landesamts (die Quelle wurde seitens der Initiative nicht genannt). Dort wird der Anteil stehender Gewässer in Rheinberg mit 5,9% (443 Hektar, Stand 31.12.2019) angegeben. Von der Initiative nicht genannt werden dabei zahlreiche Abbaugebiete oberhalb des Grundwasserspiegels (sogenannte „trockene Auskiesung“), die vom statistischen Landesamt mit weiteren 1,4% (103 Hektar, Stand 31.12.2019) für laufende Tagebauaktivitäten beziffert werden.

Nicht erwähnt werden von der Kieslobby auch die vielen wiederverfüllten Abgrabungen wie z.B. im Orsoyer Rheinbogen oder in Niederwallach. Dort wurde Bergematerial verwendet, hier Sondermüll. Für die Verfüllung trägt die Kiesindustrie nicht die Verantwortung, aber auch durch diese Folgenutzung wird die für sauberes Grundwasser so wichtige Filterfunktion von Kies und Sand, ebenso wie bei der Nassabgrabung, eliminiert. Ganz im Gegenteil, in Niederwallach musste sogar eine Spundwand eingezogen werden, um die Gefährdung des Grundwassers durch Ausspülungen toxischer Stoffe zu verhindern.

Die sichtbaren Baggerseen sind also keinesfalls die einzigen Folgen von Abgrabungen. Insofern verschweigt die Nennung von 5,9 % stehenden Gewässers einen Teil der Wahrheit.

Dies alles addiert halten wir die Bezeichnung „Flächenfraß“ durchaus für gerechtfertigt.

Grotesk empfinden wir den von der Initiative angeführten Vergleich zwischen dem (von 2016 – 2019) größeren Wachstum an landwirtschaftlichen Flächen gegenüber dem Wachstum von Abbauflächen: landwirtschaftliche Flächen können jederzeit anderweitig genutzt werden, was für Abbauflächen leider völlig anders aussieht.

Seit 1970 sind im gesamten Kreis Wesel insgesamt 9100 Hektar dem Sand- und Kiesabbau zum Opfer gefallen (Quelle: Landwirtschaftskammer NRW, 2020). Das sind knapp 9% der gesamten Kreisfläche. Laut aktuellen Pressemitteilungen sind 550 Hektar für weitere Abgrabungsflächen im Regionalplanentwurf in den Kommunen Rheinberg, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Alpen vorgesehen – davon ein Großteil in Rheinberg. Die Landesregierung will diesen massiven Flächenverbrauch über den Landesentwicklungsplan (LEP) und über den Regionalplan für die nächsten Jahrzehnte fortschreiben.

Die Grünen werden sich weiterhin auf allen Ebenen für eine transparente und neutrale Bedarfsplanung und für einen langfristigen Rückzug aus dem Sand- und Kiesabbau am Niederrhein einsetzen.

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