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30.09.20 –
So richtig realisieren, was da am Sonntagabend passiert ist, kann Dietmar Heyde immer noch nicht. "Da hat auch eine Nacht drüber schlafen nicht viel gebracht", sagt Heyde am Montagmittag lachend. Aber es muss, er darf es akzeptieren. Er ist der neue Bürgermeister von Rheinberg. Knapp 60 Prozent der Wähler haben dem Millinger bei der Stichwahl ihre Stimme gegeben.
Abgesehen von den vielen Glückwünschen und Presseanfragen, die den 56-Jährigen erreichten, hat er nun noch etwas Zeit, das Ergebnis sacken zu lassen. Denn formal beginnt die neue Legislaturperiode und damit Heydes Amtszeit am 3. November. Die Planung geht aber natürlich jetzt schon los. Einen Monat wird Heyde seinem bisherigen Job noch nachgehen, dann gibt er seinen Posten als Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel nach 20 Jahren auf. "Das fällt mir schon sehr schwer. Das war auch die größte Hürde, die ich nehmen musste, als ich mich letztes Jahr im November intern bereiterklärte, für die Grünen zu kandidieren", erzählt Heyde.
Wie es mit der AIDS-Hilfe weitergeht, ob es einen direkten Nachfolger für Heyde geben wird, ist noch ungewiss. "Es besteht ein strukturelles Defizit. Es ist fraglich, ob die Stelle weiterhin finanzierbar ist", so Heyde. Der 56-Jährige wolle versuchen, die Weichen für die Zukunft so gut wie möglich zu stellen, bevor er die Einrichtung verlässt.
Parallel wolle er sich langsam in die Verwaltungsstrukturen der Stadt Rheinberg einarbeiten. "Ich möchte Frank Tatzel aber auch die Gelegenheit geben, sich ordentlich zu verabschieden und werde ihm da schon nicht reinpfuschen." Wenn es dann in gut vier Wochen soweit ist, Heyde sich vorgestellt und die Mitarbeiter kennengelernt hat, möchte er auch inhaltlich direkt loslegen.
Zunächst müssten Strukturen geschaffen werden, die das Konzept der nachhaltigen Stadtentwicklung noch konsequenter verfolgen würden.
Verkehrswende vorantreiben
Das Rad müsse an vielen Stellen aber nicht neu erfunden werden, sondern einiges nur angeschoben und vor allem transparenter gemacht werden, so Heyde. "Ich bin beim Blick in die Wahlprogramme der anderen Parteien zuversichtlich, dass wir einige Maßnahmen zum Klimaschutz gemeinsam und trotz der angespannten Haushaltslage gut umsetzen können." Die Verkehrswende soll stärker vorangetrieben werden. Heyde spricht von Verbesserungen der Radwege und einer Forcierung der Temporeduzierungen an nahe gelegenen Wohngebieten. Eine stärkere Bürgerbeteiligung soll es zukünftig ebenfalls geben. Aber der neue Bürgermeister betont auch: "Das sind viele Ideen, deren Umsetzung auch eine gewisse Zeit brauchen werden."
Die Sorge, Rheinberg werde zu "grün", müssten die Bürger nicht haben. "Es wird bei dem Ergebnis der Ratswahl nicht zwingend leichter Mehrheiten zu finden, aber ich glaube, dass alle Parteien verstanden haben, worauf es in Zukunft ankommt."
Heyde kündigt an, auch Entscheidungen mitzutragen, die nicht aus der Feder der Grünen stammen. Seine "grüne Seele" werde er dabei aber nicht verlieren.
Und was dürfen die Rheinberger von ihrem neuen Bürgermeister erwarten? "Dass ich erreichbar und ansprechbar bin. Mein Wunsch ist es, dass die Menschen - wenn es denn erforderlich ist - mich an meine Wahlversprechen auch erinnern. Das sollen keine leeren Worte sein." Dietmar Heyde möchte als neuer Verwaltungschef nahbar bleiben und das Potenzial und die Ideen aus den Ortsteilen fördern. "Es soll nicht das Gefühl einer Parallelgesellschaft zwischen den Menschen vor Ort und der 'Politik da oben' entstehen."
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