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06.01.24 –
Die Proteste von Bauern und anderen in Schlüttsiel, die Wirtschaftsminister Robert Habeck am Verlassen eines Fährschiffs hinderten, zeigen uns eine bedrohliche Tendenz zur Verrohung unserer Gesellschaft. Wir sind empört, fassungslos und erschrocken.
Bereits im bayerischen Landtagswahlkampf gab es körperliche Angriffe durch Steinwurf auf unsere grünen Parteifreunde Katharina Schulze und Ludwig Hartmann. Trotz Entgegenkommen der Bundesregierung1 reicht den Landwirten dieses nicht, sie bleiben unzufrieden, wollen ihre geplanten Großdemos weiter durchführen. Woher rühren diese Unzufriedenheit, die gezeigte Aggression, der Hass? Wodurch wurden sie befeuert?
Für uns steht fest, dass die seit Monaten geführten verbalen Attacken gegen grüne Politik und grüne Politiker und Politikerinnen, insbesondere in den Landtagswahlkämpfen in Hessen und Bayern, zu einem gesamtgesellschaftlich aufgeheizten Klima geführt haben. Teile der Bevölkerung und verschiedene Medien, allen voran die Bild-Zeitung mit ihrer Dauer-Kampagne gegen Habeck, haben sich auf das Negative eingestimmt, für politisch strittige Entscheidungen der Bundesregierung nur die „Grünen“ verantwortlich zu machen. Positive Maßnahmen, Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger werden ignoriert, im Gegenteil: es wird betont, dass alles nicht reiche.
Mit den eigentlichen Feinden unserer Demokratie, der rechtsradikalen AFD, die auch in den westdeutschen Bundesländern Wahlerfolge verbucht, findet inhaltlich keine nennenswerte Auseinandersetzung statt. Wo bleibt die Halbierung deren Zustimmungswerte, die sich Herr Merz zum Ziel gesetzt hat? Bislang hat er komplett versagt. Warum lassen es verschiedene Medien „durchgehen“, wenn der Landwirt und bayrische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bei einer großen Kundgebung verkündet „Wir holen uns die Demokratie zurück“? Das ist die Sprache von Rechtsradikalen, die bereits als Normalität in Teilen der Bevölkerung angekommen ist.
Warum wird Wolfgang Kubicki, FDP, nicht stärker in der Öffentlichkeit kritisiert für seine Äußerung „Habeck muss weg“? Eine kritische mediale Behandlung der Äußerung der Parteineugründerin Sahra Wagenknecht, die die Grünen als die „gefährlichste Partei im Bundestag“ bezeichnet, findet kaum statt. Von den böswilligen Unterstellungen des Markus Söder in seinen Bierzeltreden und bei X (Twitter-veröffentlichungen) gegenüber Grünen ganz zu schweigen. In das Bild passt auch die Äußerung der CSU-Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), dass der Protest gegen Habeck eine Protestaktion wie viele andere vermutlich auch sei. Das ist billige populistische Anbiederei an die Landwirte und definitiv kein Bekenntnis zu einem fairen politischen Umgang miteinander. Ist wohl „wurscht“, von wem man unterstützt wird.
Das ist ein gefährliches Spiel. All das lässt einen an Goethes „Zauberlehrling“ denken: „die Not ist gross! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“ Krawallmacher, Chaoten und Demokratiefeinde müssen sich durch die Benutzung ihrer Rhetorik durch die oben genannten Politiker gestärkt empfinden; diese Rhetorik vergiftet das politische Klima und gefährdet die Grundlagen unseres demokratischen Gemeinwesens. Wir Grünen bleiben dabei: eine vernunftorientierte Demokratie kann nur durch fairen Diskurs und respektvolles menschliches Verhalten gelingen. Das war immer unser Stil und diesen werden wir beibehalten.
1 Die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte bleibt bestehen, die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll schrittweise bis 2026 wegfallen.
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