Stadtentwicklungskonzept für die Rheinberger Störfallbetriebe - Mehr Zeit für Beratung und Bürgerbeteiligung!

Kaum ein Thema ist für die zukünftige Stadtentwicklung von Rheinberg, was den Bestand und die Führung des Solvay-Industrieparks mitsamt des unter die Störfallrichtlinien fallenden Produktionsprozesses der Inovyn in Ossenberg einschließt, so bedeutsam wie die notwendig gewordene Erarbeitung des Stadtentwicklungskonzeptes zur Störfallproblematik.

Immerhin sind mit rund 9,7 km² mehr als ein Achtel des Rheinberger Stadtgebietes von den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen des chlorverarbeitenden Chemiebetriebes Inovyn in der östlichen Hälfte des Solvay-Industrieparks mehr oder minder gravierend betroffen. In diesem gesamten Areal sind zukünftige Änderungen in der Grundstücksnutzung nur eingeschränkt unter zusätzlicher Beachtung der hiermit nun für Rheinberg erstmals ausdefinierten speziellen Regularien des Störfallrechtes möglich; je näher am Zentrum des Störfallbetriebes, desto enger ist das Spektrum überhaupt nur noch ausnahmsweise genehmigungsfähig vorstellbarer nicht-industrieller oder nicht-gewerblicher Nutzungen incl. der sich dort zeitweise oder dauerhaft bewegenden bzw. aufhaltenden Zahl an Menschen.

Das sind keineswegs nur geringe Auswirkungen, wie es die Verwaltung zuletzt bezeichnet hat; deutlich anders als sie selbst es noch in der sehr anschaulichen und detaillierten Vorlage zur hierfür maßgeblichen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses vom 29.5.18 getan hat (hier nachzulesen).

Von daher bedarf die in der vorletzten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 4.2.20 erstmals vorgelegte, von den beauftragten Fachingenieuren für die Stadt Rheinberg erarbeitete Karte als Kernstück des aufzustellenden Störfallkonzeptes sehr gründlicher Betrachtung, Diskussion und Entscheidung (die Vorlage der Verwaltung sowie Karten finden sie hier). Nach dem Beschluss des Störfallkonzepts mitsamt dieser Karte als dessen anschauliche Essenz beeinflussen deren erstmalige, nun in einem Konzept komprimierten Festlegungen maßgeblich jede zukünftige Baugenehmigung innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes im Umkreis von 1.760m um die Inovyn-Produktion heutigen Zuschnittes herum.

Deshalb hat es unsere Fraktion verwundert, dass die anderen Fraktionen im Ausschuss der Empfehlung dem Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung am 4.2.20, nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Kartenentwurfes, direkt folgen wollten, die Karte und daraus abgeleitete städtische Entwicklungsziele zu beschließen, obwohl der im Umfang von ca. 120 Seiten noch in Erarbeitung befindliche Erläuterungsbericht der Gutachter zu dieser komplexen und für Rheinberg ein Novum darstellenden Materie bis zur Veröffentlichung dieses Artikels noch gar nicht vorliegt.

Wir sind der Überzeugung, dass diese Karte mitsamt seiner detaillierten Legende als vorgesehenes Kernstück der Einbindung der Regularien des Störfallrechtes in das Stadtentwicklungskonzept auch der Kenntnis und evtl. Diskussion der (betroffenen und/oder interessierten) Öffentlichkeit bedarf. Bislang hat die örtliche Presse zu diesem wichtigen Punkt u.E. nicht, jedenfalls nicht in ausreichender Anschaulichkeit, berichtet, worauf wir die Presse schon im Februar dieses Jahres nach der Sitzung hingewiesen haben, dies allerdings bevor wir alle von den Nachrichten und Wirkungen höchster Aktualität und Bedeutung zur Corona-Pandemie überrollt wurden.

Dennoch wollen wir das Thema schon jetzt ansprechen, denn es wird spätestens zur nächsten Sitzung des Stadtentwicklungs- und Umweltausschusses am 15.09.2020 sicherlich auf der Tagesordnung stehen; dort gehört es jedenfalls hin. Dabei erwarten wir, dass die zur Prüfung notwendigen und vollständigen Dokumente sehr frühzeitig allen Fraktionen und auch der Öffentlichkeit bereitgestellt werden, damit eine fundierte Prüfung und Vorberatung des umfangreichen und komplexen Materials ermöglicht ist, was bisher nicht der Fall war.

Mit entworfen auf der Karte zum Störfallkonzept ist die sehr wichtige, sogenannte Nichtheranrückenslinie. Innerhalb dieser wird kaum eine Einzelfallentscheidung mehr möglich sein. Die Nichtheranrückenslinie und die Gebiete für Ausnahmen der Schutzbedürftigkeitsstufe 3 (solche sind im hellgrünen Ring des äußeren Planungsbereiches) und Schutzbedürftigkeitsstufe 2 (dunkelgrüner Ring im mittleren Planungsbereich) bedürfen genauer Prüfung.

So ist es unserer Fraktion zwar eingängig, dass beispielsweise diese Nichtheranrückenslinie rund um die bestehende Wohnbebauung in der Reichelsiedlung zur Kreismitte hin in den dunkelgrünen Ring hereingezogen wird, dies aber im Falle der Privatschule in der ehem. Reichel-Villa nicht der Fall ist.

Dabei stellt sich im Weiteren die Frage, warum es nicht aus Gründen der anderen stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen (wie z.B. dem Wohnraumkonzept und dem dringenden Bedarf an barrierefreiem und preisgünstigem Wohnraum) z.B. nicht möglich sein soll, zumindest auf dem südlich gelegenen Teil des heutigen Areals der noch aktiven Messe Niederrhein gleichfalls noch eine Baulandreserve auch für Wohnnutzungen jedenfalls als Zielsetzung darzustellen. Immerhin ist der Messestandort selbst zeitweise mit einem sehr hohen Personenaufkommen verbunden, das sicherlich die Zahl der dort stattdessen potentiell auch wohnen könnenden und ortskundigen Bevölkerung deutlich übersteigt.

Wenn es entlang der Trennlinien der Kreissegmente auch in Zukunft Einzelfallentscheidungen geben soll, wie es die bisher bekannten aber dank unserer Intervention am 4.2.2020 noch nicht beschlossen Verwaltungsvorlagen auch ausführen, dann könnte eine solche jedenfalls als Zielsetzung und Tendenzaussage auch für den an die bestehenden Wohnsiedlungen angrenzenden Teil des Messeareals definiert werden, der nicht näher an die Emissionsquellen des Störfallbetriebes herangebaut werden soll, als die bestehende Reichelsiedlung (inklusive der dort bestehenden Baurechte aus existierenden Bebauungsplänen) oder auch das gerade erweiterte Schulzentrum der Europaschule mitsamt neuer 3-fach-Turnhalle.

Zunächst aber ist u.E. erst einmal die beauftragte ingenieurtechnische Arbeit vollständig abzuschließen und dann von der Verwaltung und Politik zu prüfen. Sobald die Unterlagen vollständig sind, ist es uns wichtig, dass mit rechtzeitig vor Einleitung des politischen Beratungsprozesses dazu eine Bürgerinformationsveranstaltung unter fachkundiger, neutraler Moderation stattfinden, in der auch der Störfallbetrieb selbst vertreten ist und für Erläuterungen seiner Positionen und Ziele in diesem Dialog zur Verfügung steht.

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