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11.07.19 –
Gescheitert ist bedauerlicherweise der Antrag der Grünen Fraktion, sich der weltweiten Bewegung für konsequente Klimaschutzmaßnahmen, die unter dem Namen "climate emergency" oder in Deutschland "Klimanotstand" läuft, anzuschließen.
In der jüngsten Ratssitzung am Dienstag sprach sich nur die Fraktion der Linken für den GRÜNEN Antrag aus. Selbst der von der Verwaltung eingebrachte Vorschlag, zunächst die Konsequenzen der Ausrufung des Klimanotstands darzulegen, fand keine Mehrheit, wobei sich der Bürgermeister bemerkenswerterweise bei der Abstimmung zum Verwaltungsvorschlag der Stimme enthielt.
Nachstehend die Rede der GRÜNEN Fraktion im Rat:
Grüne Fraktion Rheinberg zu Climate emergency bzw. Klimanotstand
Handlungsverpflichtung zum Klimaschutz
Climate emergency oder Klimanotstand ist nun in aller Munde. Gut so, aber es ist auch hoch an der Zeit, dass etwas getan wird. Denn der Klimawandel oder besser die Klimakrise ist nun nicht mehr nur die wissenschaftliche Beschreibung von erwartbaren Szenarien, diese werden mehr und mehr erlebbar.
Dem Planeten kann das egal sein, er hat schon viele klimatische Veränderungen erlebt. Aber uns Menschen kann das nicht egal sein, denn dieser menschengemachte Wandel droht, uns unsere Lebensgrundlagen zu entziehen.
Initiativen unter dem Stichwort Climate Emergency gab es schon vor rund 10 Jahren in Australien. Doch eigentlich geht der Aufruf zum Umsteuern in Wirtschaft und Gesellschaft schon viel weiter zurück: auf den Club of Rome, der 1972 das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ herausbrachte.
Passiert ist seitdem einiges, aber viel zu wenig!
So musste besagter Club of Rome Ende 2018, mithin mehr als 45 Jahre nach Veröffentlichung der ersten Mahnung, dem europäischen Parlament seinen "Climate Emergency Plan" vorlegen, in dem 10 als dringlich angesehene Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Erwärmung benannt wurden.
In der letzten Zeit ist allerdings eine mächtige Klimaschutzallianz auf den Plan getreten. Den Schülerinnen und Schülern sei Dank, dass sie als politisch unabhängige Bewegung einen Druck auf die politischen Entscheider aufgebaut haben, der nicht mehr weggewischt werden kann. Und die Motivation dazu ist doch mehr als nachvollziehbar: Die jungen Menschen möchten auch ein gutes Leben haben und nicht zeitlebens damit beschäftigt sein, krisenhafte Entwicklungen in ganz unterschiedlichen Bereichen einzudämmen, die ihnen ihre Vorfahren mit ihrer unbedachten Lebensweise und ihrem Hyperkonsum eingebrockt haben.
Derzeit haben schon eine Reihe von Städten den Klimanotstand ausgerufen, um auf die Dringlichkeit der Klimaproblematik und die Auswirkungen des menschlichen Handelns auf das Klima aufmerksam zu machen. Großbritannien ist der erste Staat, der ebenfalls einen Climate Emergency erklärt hat.
Auch unsere Region ist in vielen Bereichen schon heute vom Klimawandel betroffen. So sorgte unter anderem der trockene Sommer in 2018 für empfindliche Ernteeinbußen bei der heimischen Landwirtschaft. Im Jahr 2016 verursachten hingegen schwere Regenfälle katastrophale Zustände insbesondere im Norden des Kreises Wesel. Der menschenverursachte Klimawandel entwickelt sich erkennbar zu einer der größten Bedrohungen des 21. Jahrhunderts. Die Eindämmung des Klimawandels und seiner Folgen muss daher für uns Priorität haben.
Das heißt nun in erster Linie Handeln, nicht nur Reden. Sonntagsreden sind genug gehalten worden, gefragt ist aber konkretes Tun. Und da haben wir in Rheinberg in der Vergangenheit auch einiges angestoßen, ich will die Aktivitäten, die Herbert Becker aufgelistet hat und die sich ergänzen ließen, nicht nochmals aufführen.
Heißt das nun, dass vor Ort schon genug getan wurde und wird, wie die FDP meint? Wäre somit die Forderung nach weitergehenden und energischeren Maßnahmen nur „Populismus“, „Hysterie“, „falscher Aktionismus“, wie die FDP unterstellt?
Nun ist ja die FDP bekanntermaßen beseelt von den geheimnisvollen Kräften des freien Marktes. Dieser hat, obwohl er in den vergangenen Jahrzehnten eher neoliberal expandierte, es bislang nicht vermocht, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil, Deutschland reißt die selbstgesteckten Klimaziele für 2020, die Weltklimakonferenzen sind an Dürftigkeit der Ergebnisse kaum zu überbieten, Klimawandelleugner sitzen in mächtigen Positionen.
Das heißt, auf allen Ebenen ist bislang viel zu wenig getan worden mit der Folge zunehmender Wetterextreme. Derweil mehren sich die Warnungen der wirklichen Profis, zu denen ich Christian Lindner nun nicht zählen würde, dass kaum mehr Zeit für deutliches Umsteuern bleibt.
Schafft die Menschheit die Wende? Das ist keinesfalls ausgemacht. Denn mit dem Klima verhält es sich anders als mit den allermeisten Dingen, die Politik beeinflussen kann. Kükenschreddern lässt sich abschaffen, die Ausbringung von Gülle reduzieren, Verkehr lässt sich vermindern, ebenso der Landverbrauch, auch wenn dies alles schon einer herkulischen Herausforderung gleichkäme. Aber die sog. Kipppunkte beim Klima wieder einfangen – dazu fehlt mir als Nicht-Naturwissenschaftler sowieso die Kenntnis, aber auch bei den Experten sehe ich bislang nur Schulterzucken.
Der Kasus knaktus ist, dass die Klimaerwärmung irgendwann irreversibel wird. Dann lässt sich nicht mehr einfach feststellen: Es ist mir zu heiß geworden, also lege ich einen Hebel um und alles ist wieder gut.
Insofern, werte FDP-Kollegen, ist eine Uraltforderung kein Populismus, ist das Registrieren von zunehmenden Wetterextrema keine Hysterie, ist die Forderung nach wirksamem Handeln kein falscher Aktionismus.
Einzig den Begriff Notstand halten wir selbst nicht für ganz glücklich. Der englische Begriff „emergency“, also Notfall, trifft es deutlich besser, weil hier eine Dringlichkeit mitschwingt, die dieses Thema ja in der Tat hat. So, wie wir uns für den Notfallarzt in Rheinberg einsetzen, so sollten wir auch die Klimaentwicklung als Notfall sehen, der entschiedenen Einsatz erforderlich macht.
Für die Übernahme des Begriffes „Notstand“ haben wir uns dennoch entschlossen, weil es sich um eine weltweite Initiative handelt, mit der wir uns solidarisch erklären sollten.
Zum Schluss: Wir wissen natürlich auch, dass wir ohne die entsprechende Begleitung insbesondere durch die Regierung in Berlin nur kleine Bausteine bewegen können. Viele Gesetze sind in Berlin entweder nicht geliefert oder nur unzureichend überarbeitet worden, so das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Düngeverordnung, die LKW-Mautverordnung, das Gebäudeenergiegesetz, das Energiesteuergesetz, um nur wenige zu nennen. Selbstverständlich brauchen wir auch einen Ausstieg aus der Braunkohle vor 2038!
Aber der Verweis auf andere Ebenen darf den Blick nicht darauf verstellen, dass wir vor Ort noch eine Menge tun können – und sei es, aus der waldärmsten Kommune NRWs eine grüne Lunge zu machen!
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